Was sind Pulsos?

Pulsos sind eine Untergattung der luftatmenden Strahltriebwerke. Fast man es genauer so ist die fachlich richtige Bezeichnung:

Intermittierendes Staustrahltriebwerk

Dieser Name steht zum einen dafür das das Triebwerk pulsierend (intermittierend) arbeitet und zum anderen das es den Staudruck des Fahrtwindes ausnutzt.
Weitere Synonyme sind:

Auf keinen Fall verwechseln darf man es mit:

Bemerkenswert ist die Tatsache das Pulsos die Strahltriebwerke mit den wenigsten beweglichen Teilen sind. Nämlich einzig und allein das Ventil bewegt sich, sofern man die Ventillosen Pulsos mal aussen vor lässt.

Aufbau

Der Aufbau eines solchen Triebwerks ist sehr simpel. Hier habe ich anhand des XP90 die wichtigsten Bauteile genannt:

Das sind die wichtigsten Bauteile eines typischen Modellpulsos mit deren Bezeichung fast jeder Pulsoflieger etwas anfangen kann. Im folgenden werde ich diese Begriffe für die einzelnen Beschreibungen übernehmen. Die Baugruppen sind bei fast allen Pulsos zu finden, allerdings unterscheidet sich ihre Form teilweise drastisch vom obigen Beispiel.

Funktion

Die Funktion eines intermittierenden Strahltriebwerkes beruht auf einem einfachen, aber hoch genialen physikalischem Trick. Dieser ermöglicht dem Pulso im Gegensatz zu sämtlichen anderen Staustrahltriebwerken den Betrieb bei völligem Stillstand, sprich ohne Luftanströmung. Die Arbeitszyklen kann man wie folgt aufteilen.

Ansaugen

Im ersten Schritt muss ein zündfähiges Gemisch in die Brennkammer gelangen. Dies ist der Arbeitszyklus der beim Anlassen "überbrückt" werden muss weil noch kein Unterdruck in der Brennkammer herscht. Dazu später mehr. Da die Ventile, GRÜN dargestellt, im Ruhezustand geschlossen sind, werden diese mit einem starken Luftstrom (z.B. Pressluft) , GELB dargestellt, angeblasen und so geöffnet. Die in die Brennkammer strömende Luft vermischt sich sofort mit dem Treibstoff, BLAU dargestellt, welcher von der Inneneinspritzung zu einem feinen Ring zerstäubt wird. Daraus geht ein hoch zündfähiges Gemisch hervor. Läuft das Triebwerk, so werden die Ventile von dem entstehenden Unterdruck so stark aufgerissen, dass sie ohne die Halteplatte umgehend abknicken würden. Wird das Rohr vom Flugwind angeströmt, macht sich ein eine Art "Turboladereffekt" bemerkbar. Es strömt mehr Luft in kürzerer Zeit in die Brennkammer, die Leistung wächst an.

Zünden

Ist die Brennkammer mit Treibstoff/Luft-Gemisch gefüllt, erfolgt die Zündung. Beim Anlassen geschieht das mit einer Zündkerze, beim eigenständigen Lauf zündet die, durch das Vakuum zurückgezogene Flammfront, das Gemisch. Im nächsten Abschnitt dazu mehr. Durch die Explosion, ROT dargestellt, kommt es zu einer rapiden Volumenzunahme der Gase und damit zu einem Druckanstieg in der Brennkammer.

Ausstossen

Durch die Druckerhöhung schliesst das Flatterventil schlagartig den Weg nach vorne ab und die heissen Gase können nur durch das Resonanzrohr nach hinten entweichen. Die erreichten Geschwindigkeiten liegen bei mehreren hundert Metern pro Sekunde. Dadurch entsteht der Schubimpuls des Pulsos. Irgentwann ist der ganze Druck abgebaut, aber die Gase strömen immer noch mit der hohen Geschwindigkeit aus dem Resonanzrohr. Sie "reissen" sozusagen einen extrem starken Unterdruck in die Brennkammer. Das Flatterventil öffnet und es strömt frische Luft ein. Sprich die heissen Restgase in der Brennkammer werden stark abgekühlt und ziehen sich heftig zusammen. Der Unterdruck wächst weiter. Er ist mittlerweilen so stark das die nach hinten ausströmende Flammfront zum Stillstand gekommen ist und sogar wieder Richtung Brennkammer gezogen wird. Diese zurückgezogene Flammfront sorgt später wieder für die Zündung.

Der Gesammte Zyklus wiederholt sich, abhängig von der Grösse des Pulsos, zwischen 40 und 300 mal in der Sekunde. Veranschaulichen kann man diese Zahl dadurch, dass ein Pulso während Sie diesen Text gelesen haben einige zehntausend Zyklen durchlaufen hat.
Ein 90mm Pulso liegt bei etwa 150 Hertz (Hz).
Das Argusrohr der V1 (Argus As 014) hatte ca. 50Hz.
Ein kleines Dynajet erreicht über 250Hz.
Diese Wiederhohlfrequenz entspricht der Tonhöhe die das Rohr beim Betrieb erzeugt. Es ist nicht verwunderlich das dieser Prozess nur bei einer genau berechneten und aufeinander abgestimmten Geometrie der Pulsobauteile funktioniert.

Praxis

Jetzt fragt man sich zurecht warum gibt es kaum noch Pulsos wo sie doch so einfach aufgebaut sind. Nunja, es gibt da mehrere grosse Haken. Daraus resultierend einige

Nachteile

Laut
Wer einmal ein intermittierendes Staustrahltriebwerk hautnah erlebt hat, der wird Lautstärke ganz neu definieren. Ausserdem wird er berichten das man Geräusche nicht nur hören, sondern beinahe noch besser fühlen kann. Der extreme Schallpegel kommt unweigerlich mit dem Funktionsprinzip daher. Denn jede Explosion in der Brennkammer ist mit dem Schuss einer Kanone vergleichbar und das hunderte Male in der Sekunde. Handelsübliche Messgeräte sind nur in mehren dutzend Metern einzusetzen da es diese sonst einfach überlasten würde.

Ineffektive Spritnutzung
Dadurch das im Pulso keine Verdichtung der Luft erfolgt, kann der eingesetzte Kraftstoff nur sehr ineffektiv verbrannt und somit nur schlecht in Schub umgewandelt werden. Zum Vergleich, eine moderne Modellturbine macht aus der gleichen Spritmenge etwa doppelt so viel Schub.

Ventilverschleiss
Circa alle 15-30 Laufminuten ist ein Flatterventil verschlissen und muss gewechselt werden. Für den Modellbetrieb ist dies nicht übermässig tragisch aber auch hier sind die Turbostrahltriebwerke weit überlegen.

Nicht drosselbar
Prinzipbedingt sind Pulsos -wenn überhaupt- nur sehr eingeschränkt drosselbar. Die Grundstellungen sind "An" oder "Aus". Das XP90 kann man ohne weiteres durch veringerte Krafstoffzufuhr auf bis zu 2 Kilo Schub drosseln, allerdings läuft das Rohr dann dermaßen instabil das ein sicherer Betrieb unmöglich ist. Hat das Pulso dann noch Anströmung durch den Flugwind wird ein Drosseln fast immer mit dem Abstellen des Triebwerkes quittiert.

Daneben gibt es natürlich auch

Vorteile

Extrem simpel
Mit nur einem, etrem einfachen beweglichen Bauteil sind Pulsos wohl die simpelsten Wärmekraftmaschinen die es gibt. Daraus ergibt sich eine grosse Unempfindlichkeit gegenüber eingesaugtem Schmutz und anderen Betriebsstörungen. Auch was den Treibstoff angeht sind Pulsorohre nicht wählerisch, hauptsache flüssig und brennt.
Desweiteren müssen die Bauteile nicht sehr präzise gefertigt sein um zu funktionieren. Etwaiges Wuchten wie bei Turbinen oder hochgenaue Passungen gibt es nicht.

Kostengünstig
Wohl kaum einen anderen Motor kann man derartig günstig realisieren. Im Prizip reichen ein paar Rohre und etwas Blech für ein Pulso aus. Kein Leistungswunder, aber extrem einfach und billig.

Hohe spezifische Leistung
Trotz der oben genannten Nachteile erreicht das Pulso bei geringem Gewicht sehr hohe Schübe. Bei speziellen Treibstoffen sind Schub/Gewichts-Verhältnisse von 10:1 erreichbar. Verbunden mit dem geringen Preis ein nicht zu verachtendes Gegenargument zur Turbine.

Faszinierend
Faszination ist zwar keine physikalische Grösse, aber wer einmal eine Pulsovorführung gesehen hat, wird mir zustimmen das man das als Vorteil gelten lassen kann. Denn Turbinen haben ihren Witz verloren. Knöpfchen drücken, warten, starten, fliegen, landen, Knöpfchen drücken. Ein Pulso vergisst man so schnell nicht. Ein Pulso auf einer Flugshow vernünftig vorgeflogen wird fast immer mit "Best of Show" gekürt.